Gedenktafel Baracken-Lager Umbau

Gedenktafel Baracken-Lager

Gedenktafel für die Opfer von Gewaltherrschaft, Krieg und Vertreibung

 

Neuausrichtung der Gedenktafel zu den Baracken-Lagern in Klausdorf und Raisdorf – KuKuK e.V. stärkt lokale Erinnerungskultur

Mit Beginn dieses Jahres nahm KuKuK e.V. Schwentinental die bauliche Neuausrichtung der Gedenktafel zu den Lagern in Klausdorf und Raisdorf während des Zweiten Weltkriegs in Angriff. Die bestehende Tafel, die seit ihrer Enthüllung im September 2011 an das Leid von Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen, Flüchtlingen und Vertriebenen erinnert, soll zukünftig noch besser sichtbar, langfristig gesichert und in ihrem historischen Kontext klarer erschließbar sein.

Die Initiative knüpft an ein wesentliches Anliegen von KuKuK e.V. an: Geschichte im öffentlichen Raum zugänglich machen, die Spuren lokaler Ereignisse bewahren und die Auseinandersetzung mit NS-Zwangsarbeit vor Ort unterstützen.

 

 

Hintergrund: Sechs Lager auf dem Gebiet der heutigen Stadt Schwentinental

Während des Zweiten Weltkriegs befanden sich im heutigen Stadtgebiet Schwentinental sechs Lager, in denen zusammen ca. 2000 Menschen aus verschiedenen Ländern leben und arbeiten mussten. Zwei dieser Lager – das Lager Karkkamp und das „Ostarbeiter-Lager“ Rosensee – lagen in Raisdorf und gehörten zu den Unterkünften der Deutschen Werke Kiel (DWK), die große Kontingente ausländischer Arbeitskräfte für die Rüstungsproduktion anforderten. Das Gelände des Lagers Rastorfer Mühle gehört auch zu Raisdorf.

Auf dem Klausdorfer Gebiet befanden sich ebenfalls drei Lager, diese waren das Lager Sportplatz der Kriegsmarinewerft (KMW) am Aubrook, das Kriegsgefangenenlager Elmschenhagen Ost an der Preetzer Chaussee (Reichsstr. 76, R76) und das Gemeinschaftslager Elmschenhagen Ost der Baugesellschaft Kiel m.b.H. an der Preetzer Chaussee (R76).

 

Das DWK-Gemeinschaftslager Karkkamp (Raisdorf II, ab 1942):
Ursprünglich mit drei Wohnbaracken, Wirtschafts- und Sanitätsbaracken ausgestattet, bot es Platz für rund 275 Menschen. Eingezäunt, mit Splitterschutzgräben, Feuerlöschteich und Wachbereich versehen, war es ein abgeschotteter Ort, dessen Alltag die Kontrolle über ausländische Arbeitskräfte bestimmte. Nach dem Krieg dienten die Baracken zunächst als Flüchtlingsunterkünfte, in dem Zusammenhang wurde auch eine Barackenkirche errichtet. Später, nach Auflösung des Lagers, wurden auf dem Gelände kirchliche Gebäude gebaut.

 

Das DWK-Gemeinschaftslager Rosensee (für Ostarbeiter, ab 1943):
Planungen begannen 1942, fertiggestellt wurde es ein Jahr später. Mit zehn Wohnbaracken, Wirtschafts- und Krankenbaracken sowie mehreren Wasch- und Sanitärgebäuden war es für etwa 500 Menschen angelegt. Es lag direkt am Fahrweg „An der Schwentine“ am Rosensee, auf dem Gelände des heutigen Jahnplatzes. Auch hier wurde die räumliche Trennung von der deutschen Bevölkerung ausdrücklich vorgeschrieben. Es war vorwiegend für sogenannte Ostarbeiter bestimmt, die in den besetzten Ostgebieten zwangsrekrutiert wurden.

 

Das Lager Rastorfer Mühle (ab 1933):

Bereits ab 1933 als Arbeitsdienstlager genutzt, wurde es ab 10.6.1941 mit italienischen Industrie-Arbeitern, später mit ausgebombten Deutschen und zuletzt wieder durch den Reichsarbeitsdienst (RAD) belegt. Es wurde am 14.4.1945 bei einem Bombenangriff vollständig zerstört. Tagebucheinträge des ehemaligen Marine-Flakhelfers Joachim Meyer-Quade belegen eindrücklich die dramatischen Ereignisse dieser Tage.

 

Das KMW-Lager Sportplatz (ab 1941):

Das Baracken-Lager wurde auf dem damaligen Sportplatz am Aubrook errichtet, heute ist er der Schulhof der Astrid-Lindgren-Schule. Zum 1.8.1941 wurde dort die 5. Kompanie der 1. Marinekraftfahrabteilung aus Kiel stationiert; diese hatte die Aufgabe, mit ihren Lastwagen die umliegenden militärischen Einrichtungen mir Material und Munition zu versorgen. Im Laufe des Krieges wurden dort auch noch Werkstätten der Kriegsmarinewerft (KMW) eingerichtet, da die Bombengefahr direkt an der Kieler Förde immer mehr zunahm. Nach dem Krieg dienten das Lager den ausgebombten Klausdorfern u. Geflüchteten aus den Ostgebiete als Unterkunft. Eine Baracke wurde zu Schulzwecken genutzt, da alle Schulen in Klausdorf zerstört waren.

 

Das Kriegsgefangenenlager 846 Elmschenhagen Ost (für Russen, ab 1942):

Nach Beginn des Rußlandfeldzuges im 2. Weltkrieg wurde dieses Kriegsgefangenenlager im Bereich des heutigen Lindenweges errichtet. Es waren hauptsächlich Russen die dort untergebracht waren, diese hatten vorwiegend Arbeiten in bombenzerstörten Gebieten zu verrichten und wurden in langen Marschkolonnen dort hingeführt, bzw. für den Bahn-Transport zum Raisdorfer Bahnhof gebracht. Das Lager wurde noch einmal erweitert und konnte ca. 800 Mann aufnehmen, die militärisch bewacht wurden. Die Zufahrt befand sich an der Preetzer Chaussee (R76). Nach Kriegsende wurde das Lager abgerissen.                                                    

 

Das Gemeinschaftslager Elmschenhagen Ost (ab 1941):                                                                        

Der NS-Wohnungsbau für die Werftarbeiter sollte den Stadtteil Elmschenhagen Ost auf dem gebiet des heutigen Ostseeparks entstehen lassen. Dazu wurde dieses Arbeiterlager von der Baugesellschaft Kiel m.b.H. beauftragt. Zunächst waren es deutsche Arbeiter, die dort wohnten; im weiteren Verlauf des Krieges, und durch die kriegsbedingte Aufgabe des Bauvorhabens, wurde es zu einem Zwangsarbeiter-Lager. Diese mussten in den umliegenden Kieler Betrieben arbeiten und kamen aus verschiedenen Nationen. Nach Kriegsende wurde es zunächst von den Briten zur Unterbringung von befreiten polnischen Kriegsgefangenen verwendet. Banach wurde es als Flüchtlingslager genutzt.

 

 

Entstehung der Gedenktafel 2011

Die heutige Gedenktafel entstand auf Initiative der „Spurensucher“ der Volkshochschule Plön-Raisdorf und wurde aus Spenden und von der Stadt finanziert. Sie erinnert nicht nur an die Opfer von Zwangsarbeit, Krieg und Vertreibung, sondern macht die große Zahl der Lager im damaligen Klausdorf und Raisdorf sichtbar – viele davon lange Zeit kaum im öffentlichen Bewusstsein. Am 21. September 2011 wurde sie feierlich enthüllt.

Einweihung der Gedenktafel am 21.9.2011 (Foto Archiv Rudi Hahn)
Mitglieder von KuKuK e.V. putzen die Scheibe (Foto KuKuK)

Nach Einweihung der Gedenktafel haben Privatleute und KuKuK e.V. die Vitrinenscheibe immer wieder von Schmutz, Algen und Blättern befreit!

 

 

Warum die Neuausrichtung jetzt notwendig ist

Nach mehr als einem Jahrzehnt im Außenraum zeigen sich witterungsbedingte Schäden, aufwendige Säuberungsaktionen und ein gestiegener Bedarf an besserer Einordnung. KuKuK e.V. möchte die Tafel:

  • stabiler baulich verankern und wenn möglich mit Solar-LED’s illuminieren,

  • in ihrer Sichtbarkeit verbessern durch vertikale Aufrichtung (Schmutz und Wasser können leichter abfließen),

  • durch ergänzende Informationen historisch präzisieren und in den bestehenden Kulturpfad einbinden,

  • sowie als Bestandteil lokaler Erinnerungskultur langfristig sichern.

Die Überarbeitung wird begleitet von neu zu erarbeitenden Recherchen, die eine Arbeitsgruppe mit möglicher Unterstützung durch die damaligen VHS-Spurensucher erarbeiten will. 

 

Ein Schritt zur aktiven Erinnerungsarbeit

Mit der baulichen Neuausrichtung der Gedenktafel leistet KuKuK e.V. einen Beitrag dazu, die historische Verantwortung der Region Schwentinental sichtbar zu halten und die Geschichten der Menschen, die hier unter Zwang lebten und arbeiteten, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.